Jamel rockt den Förster 2019

Fahren sie 3 km geradeaus

Da stehen wir nun an einer Kreuzung. Das Navi sagt „Fahren sie 3 km geradeaus.“

Wie jetzt? Stimmt das? Guckst du nochmal nach? Ja, stimmt – aber da steht ein Sackgassenschild. Nagut, fahren wir eben hier lang, und tatsächlich, kurz darauf entdecken wir nicht mehr weit entfernt den Zeltplatz unseres Zieles. Ein paar Ordnerinnen fragen uns, wo wir denn hin wollen, wir sagen „Lohmeyer“ und sie weisen uns den Weg. Den Weg, mitten hinein nach Jamel. Dort um die Kurve, am Dorfplatz links, dann seid ihr da… mitten im Dorf das nicht treffender beschrieben werden kann, als mit dem uns zuvor verwirrenden Verkehrsschild. Wir stecken mitten in der Sackgasse. Es ist ein eigenartiges Gefühl, hier zu sein und jetzt selbst zu sehen und zu spüren, was wir bisher nur aus Berichten und Videos kannten. Ein Dorf in der Sackgasse. In einer physischen und ideologischen Sackgasse. Wir möchten jetzt gar nicht detailliert erzählen, wie sich die Neonazis in Jamel breit machen, darüber gibt es genügend Berichte. Viel lieber möchten wir versuchen, unser Gefühl zu beschreiben, jetzt, wo wir in Katzensprung-Entfernung zu den Lohmeyers und ihren Nachbarn mitten in diesem Dorf stehen. Ein wirklich komisches, bedrückendes, unangenehmes Gefühl. Alles ist so unglaublich nah.

 

Nun gut, wir schlucken unseren Dorf-Eindruck runter und begeben uns auf die Suche nach Horst und Birgit. Also das Auto auf dem Tagesbesucher-Parkplatz abgestellt und zu Fuß rüber zum Festivalgelände. Keine fünf Minuten später folgen wir Horst, der uns freundlich begrüßt und uns sogleich den Seiteneingang nebst Stellplatz für unser Auto auf dem Lohmeyerschen Hof zeigt.

Beim Einbiegen in die kleine Einfahrt überfahre ich den Plastikstuhl der dort platzierten Security. Sachschaden Nummer eins direkt bei der Anreise. Das geht ja gut los. 

Etwas eingeschüchtert passiere ich den grün umwachsenen Weg zum Hof und parke unseren Wagen auf unserem zugewiesenen Platz zwischen Catering-Zelt, Sanitärwagen und Festivalzaun.

Dank dahinter stehender Imbisswagen hat dieser einen geheimen Durchgang, über welchen der Nachschub reingebracht wird. 

Perfekt! 

Da sind wir, etwas erschlagen von der langen Fahrt und den ersten Eindrücken vom Dorf, stehen wir nun in einer ganz anderen Welt, als noch 10 Minuten zuvor. Ein grünes Idyll, auf dem unzählige Menschen herumwuseln, überall Obstbbäume, Sträucher, Wiesen, verwunschene Ecken und in der Mitte das alte, wunderschöne Backsteinhaus der Lohmeyers. Es wird gewerkelt, gekocht, gegessen, gelacht, organisiert und vorbereitet. In zwei Stunden öffnen sich die Festivaltüren für die Gäste. 

 

In einem kurzen Plausch mit Horst und Birgit, zwei unglaublich sympathischen und offenen Menschen, geben uns die beiden einen kurzen Einblick über Ablauf, Regeln und Verantwortlichkeiten und geben uns Festivalbändchen, damit wir uns überall frei bewegen können. Wir haben Zugang zum kompletten Veranstaltungsort. Nur ins Catering sollen wir bitte nicht, das ist der Crew vorbehalten. Klar, kein Thema, wir haben unsere eigene Verpflegung sowieso dabei und auf dem Festival gibt es ja auch einiges. 

Wir sind zutiefst beeindruckt. 

Was sind das bitte für unglaublich nette Menschen, die uns nie vorher gesehen haben und uns dennoch einfach zu sich nach Hause einladen? 

Zwischen Anspannung und Faszination

Ein Gefühl von Erleichterung und Faszination macht sich breit. Die Anspannung der Ankunft im Dorf ist gewichen, denn diese kleine Oase der Lohmeyers mit herzlichen Menschen und unzähligen Apfelbäumen, Brombeersträuchern und allerlei anderem Gewächs, passt so gar nicht in das braune Bild von Jamel. Im Gegenteil. Betritt man dieses Grundstück, wird man sofort herausgerissen aus der Tristesse des Ortes und fühlt sich wohl. Lediglich das zu einem Mahnmal aufgetürmte Holz der abgebrannten Scheune erinnert einen eindrucksvoll daran, in wessen Refugium man sich hier gerade befindet. 

Wir sind dankbar, hier sein zu dürfen und fühlen uns dennoch noch etwas unbeholfen und fehl am Platz. Hier auf dem Hof hat eigentlich jeder seine Aufgaben. Niemand ist hier, im Hintergrund des Festivals, nur zum Spaß, niemand einfach so… nur wir. Dachten wir, doch bereits unsere erste Begegnung sollte die für uns wichtigste des ganzen Wochenendes werden. Ole Plogstedt, gutgelaunter „Kochprofi“, unterstützt das Festival mit seinem Equipment und war ebenfalls privater Gast der Lohmeyers. Genau wie wir ließ er sich einfach durch das Geschehen treiben. Wann immer wir uns über den Weg liefen, hielten wir einen Schnack, tranken ein Bier, tauschten Geschichten, Anekdoten und Erfahrungen aus. Das „Fehl am Platz”-Gefühl wich schon bald einem rundum Wohlgefühl. 

Aber auch sonst waren wirklich alle hier Anwesenden erstaunlich gut gelaunt, freundlich und offen. Ein Moin hier, ein Lachen dort. Es wirkte alles sehr familiär, und wir durften für dieses Wochenende Teil dieser Familie sein.

Hin und wieder begegneten wir Birgit oder Horst, die eigentlich immer irgendetwas zu tun hatten, aber trotzdem stets Zeit für einen kurzen Plausch oder eine kleine Geschichte hatten.

Inzwischen war das Festivalgelände geöffnet. Zahlreiche Infostände  verschiedener Initiativen und Vereine versteckten sich ebenso zwischen den Bäumen einer Obstwiese, wie eine Indische Küche und ein Eisstand. Am Rande, eine von Bäumen umsäumte Lichtung mit einer großen Bühne. Unglaublich liebevoll haben die Lohmeyers und ihre HelferInnen ihren verwunschenen, wilden Garten in ein Festivalareal, in eine andere, friedliche Welt verwandelt. 

Absurd diese Welt, Garten an Garten, Haus an Haus mit Nachbarn, die Menschen in Rassen einteilen, mit allen Mitteln versuchen, dieses Idyll loszuwerden. Einem ganzen Dorf voller Nazis. 

Horst, ein sehr gesprächiger Zeitgenosse, erzählte uns, dass sie hier im Dorf keine sozialen Kontakte haben. Sogar die Kinder der ansässigen Neonazis sind auf Konfrontation aus, zeigen Stinkefinger oder den blanken Hintern, wenn sie ihn oder Birgit sehen. 

Der Scheunenbrand 2015 definiert den Höhepunkt der Anfeindungen, denen Horst und Birgit hier täglich ausgesetzt sind. 

Und da war sie wieder, diese Beklemmung. Dieses Unbehagen. Und doch erzählt Horst seine Anekdoten mit einer beinahe kindlichen Begeisterung, dass man ihn einfach nur knutschen könnte. 

 

Das ist ein positives Haus

„Das ist ein positives Haus.“, erzählt er fast beiläufig. „Wenn ich hier aufs Grundstück komme, dann fällt das da draußen ab. Hier drinnen haben wir keine Angst mehr. Das ist unser Zuhause.“

Das Gelände füllt sich nach und nach mit Gästen, die alles andere im Sinn haben, als hier irgendwen anzufeinden. Junge, Alte, Paare, Singles, Bunte und Graue, eine illustre Mischung bevölkert mittlerweile das Lohmeyersche Anwesen. Es wird gequatscht, getrunken und gespielt. Die Sonne scheint hier und da durch die Blätter, die für angenehmen Schatten sorgen – man könnte sagen, ein perfekter Tag, um ein Festival zu feiern, bei dem es nicht nur um Wahnsinn starke Bands, sondern vor allem um Botschaften, Zwischenmenschlichkeit und Vernetzung geht. 

 

So verbrachten wir den Tag zwischen tausenden netten Menschen, tanzten, tranken zu viel und ließen uns zwischen Bühne, Infoständen und Backstage treiben. 

Wir trafen einige bekannte Gesichter, wie die Donots, die wir vor gar nicht langer Zeit in Berlin getroffen hatten, oder Raphael von „Großstadtgeflüster“, den wir mal in der S-Bahn zum Toten Hosen Konzert kennengelernt hatten. 

Wie eigenartig, wenn Menschen uns grinsend wiedererkennen und grüßen. Aber es machte die Situation gleich viel entspannter. So klönten wir uns also durch den ersten Festivaltag, verschenkten ein paar unserer Bücher, machten Fotos und ließen unsere Fahne signieren. Der Abend endete mit reichlich „Mexikaner“ aus Oles schnell zusammen gezimmerter mobiler Bar. 

Betrunken aber glücklich fielen wir ins Bett, oder besser gesagt, Auto. Was für ein Tag.

7:00 Uhr, die Sonne blinzelt durch die Vorhänge, wir können nicht mehr schlafen. Wer Kinder hat, kennt das. Die Gewöhnung ans täglich zeitig Aufstehen ist soweit fortgeschritten, dass man, selbst wenn man theoretisch könnte, einfach nicht mehr lange schlafen kann. Einen Vorteil hatte es hier aber definitiv: Die Toiletten waren quasi noch unbenutzt und die Dixi-Duschen frisch und ohne Warteschlange.

Eine Dose Guarana-Limo und ein Becher warmer Eiskaffee, dazu ein Schoko-Kinderhörnchen, so erledigt sich ein kleines Frühstück nebenher, während wir beobachten, wie um uns herum immer mehr und mehr Leute aus ihren Schlafecken krabbeln und zerknittert WC und Dusche aufsuchen. Nur aus der Catering-Küche erklingt schon wieder (leise) Punkrock und es wird offenbar gut gelaunt mitgesungen. Wir haben es uns auf Sitzsäcken am Haus der Lohmeyers bequem gemacht. Teile der Beleuchtungscrew sitzen mit uns hier und auch Ole ist wieder in bester Sabbel-Laune dabei. 

Was ist gelb und kann nicht schwimmen?

„Was ist Gelb und kann nicht schwimmen?“ – „Ein Bagger, weil er nur einen Arm hat.“ so beginnt eine Stunde voller Flachwitze, die wir uns gegenseitig erzählen, Kaffee trinken und uns die Sonne auf den Pelz scheinen lassen. Horst mit Hummeln im Hintern stößt auf der Suche nach Kaffee, ohne den der Tag für ihn nicht starten kann, dazu und ist bereits voller Tatendrang. „Ich hab noch nen Pool, den könnten wir hier aufbauen.“ überlegt er laut, und eine riesen Wasserpistole hätte er auch noch. Dabei huschte ein schelmisches Grinsen über sein Gesicht, dann stürmt er los. Wohin? Keine Ahnung. Den Kaffee hat er offenbar schon wieder vergessen, denn der stand ganz woanders. 

Ein Pool? Keine gute Idee, sinnierte die Runde.

Da war mal ein Festival mit Pool im Backstage, da schwamm am nächsten Morgen ein unappetitlicher Film aus Verdautem drauf. Vielleicht sollten wir das besser lassen, so der Beschluss. Eine damals noch unbekannte Punkkapelle aus MePo hatte es wohl damals geringfügig übertrieben und den Pool um seine Einlage bereichert. Nee, das braucht bei diesem Wetter hier keiner.

Auf einmal steht Birgit mit einer Schere vor uns. Gebt mal Eure Bändchen. Ein kurzer Moment des Schreckens. Wir werden rausgeworfen, schießt es mir durch den Kopf. Ich überlege krampfhaft, ob letzte Nacht irgendetwas passiert sei, ob ich mich daneben benommen habe oder sonst irgendwie auffällig geworden bin. Ich glaube nicht. Unsere Bändchen werden abgeschnitten und Birgit überreicht uns lächelnd zwei neue. „Hier, mit denen dürft ihr auch ins Catering, ist doch sonst auch irgendwie doof.“, sagt sie. Verdutzt bedanken wir uns. Womit haben wir das denn verdient? Da war Birgit aber auch schon wieder verschwunden.

So ging es nun noch eine ganze Weile weiter. Hin und wieder drehten wir eine Runde durch das Info-Areal, schauten uns Stände an, unterhielten uns mit einigen Initiativen und sammelten Infomaterial ein, bevor wir uns wieder ein ruhiges Fleckchen suchten. Ein kleiner Tisch mit Bank sollte es sein, an dem wir uns für die nächste Zeit niederließen. Kiki ermahnte mich noch, dass ich vorsichtig mit dem Tisch sein sollte, er wirke nicht gerade stabil und ich nicht allzu grazil. Alles klar – ich versuchs mir zu merken.

Auch am zweiten Tag trafen wir ausschließlich nette Menschen (wie den, der tatsächlich ein Shirt von uns trug), die viel Interessantes zu berichten hatten. Alle hatten Botschaften, alle waren hier, um zu helfen. Ob Mieze von Mia, die uns nicht kannte, aber begeistert von unseren Erzählungen war, Thees Uhlmann, der angespannt wirkte und von den Neonazis genervt war, oder die total sympathischen Jungs von Tequila & the Sunrise Gang, die wir bisher nicht kannten. 

Das Lineup war strikt geheim. Selbst Backstage kannten es die wenigsten. Wir machten es uns zur sportlichen Herausforderung, die ein oder andere Band zu erraten oder Hinweise zu deuten. So erklärte sich auch irgendwann das Grinsen von Matze aus der Beleuchtungscrew, als er die Kotz-Pool-Story erzählte. 

Die örtlichen Neonazis hatten Freunde und Familie an diesem Abend zu einem Grillfest „Grillen gegen Links“ auf einem gut 150m entfernten Hof geladen. Den Weg dahin wies ein Strohpanzer, den die Kameraden auf das angrenzende Feld gestellt hatten. Warum das Rohr des Panzers auf den Neonazihof zeigte bleibt uns wohl für immer ein Rätsel. 

Also einen entspannten Abend wird’s bei der braunen Würstchenparty jedenfalls nicht werden. „Jamel rockt den Förster“ ist ziemlich laut. „Und das ist ja auch gut so.“ grinste Horst, wohl wissend, wer am Abend auf die Bühne kommen würde. Einen größeren Mittelfinger wird es wohl kaum geben. 

Die Kameraden würden nicht umhin kommen, es zu hören,…
sie zu hören: Feine Sahne Fischfilet 

Wer schonmal auf einem Konzert der Band war, weiß, das bedeutet Abriss! Eine lautere, wildere und ausgelassenere Ansage an das vermeintliche Völkchen und ihr Schnitzelhappening war kaum möglich. „Alles auf Rausch“ also und eine Stunde lang so richtig akustisch vor die Burschenschaft geschissen. Es gibt wohl kaum jemanden, der nicht lautstark dabei war, dem Rest des Dorfes zu zeigen, dass wir zusammenhalten und die Lohmeyers nicht alleine sind. So wurde Birgit Lohmeyer beim ersten Stagediving ihres Lebens auf Händen sicher über die feiernde Masse getragen, während Thees die Bühne stürmte und mit Monschi das Mikro teilte. 

Was für ein bombastischer Abschluss. Dieser Abend hätte ewig weitergehen können.

Was er für uns auch noch eine Weile tat. Denn Ole hatte, wie angedroht, wieder seinen Mexikaner-Stand aufgebaut und zum fröhlichen Umtrunk eingeladen. Dieses Mal war es dann wohl doch ein Gläschen zuviel, und ich versackte in immer wirrer werdenden Plaudereien, während ringsum Ruhe einkehrte. Das Gelände war inzwischen leer und wir saßen immer noch mit einem harten Kern beim drölfzigsten Hosen-Hell an vorhin bereits erwähnten Gartentisch.

Dann passierte, was passieren musste: Ich stand auf und stützte mich wohl etwas zu sehr auf den Tisch, der prompt nachgab und mich inmitten einem Haufen von Flaschen und seinen eigenen Einzelteilen landen ließ. Wie peinlich, aber hey, das Gelächter war groß und wir schoben erstmal alles zusammen. Irgendwo waren doch noch leere Kisten, aber wo nur? Der Mexikaner sorgte für anhaltende Verpeilung, während wir etwas orientierungslos über das dunkle Gelände schlichen. Eine absurde Situation. Irgendwoher brachte dann jemand zwei leere Bierkisten und wir beseitigten das Chaos, während das schlechte Gewissen in meinem Kopf nagte. Sachschaden Nummer zwei, dachte ich mir und bestellte in Gedanken schon einen neuen Gartentisch.

Der nächste Morgen begann mit einem etwas desolaten aber entspannten Crewfrühstück. Irgendwer hatte sogar den kaputten Tisch wieder repariert und Horst winkte ab „Ach, den hab ich schon zwei Mal wieder ganz gemacht.“ Dennoch, mein schlechtes Gewissen blieb, zumal Humberto, der die komplette Produktion des Festivals leitete und permanent höchste Professionalität und vollen Einsatz zeigte, bereits letzte Nacht wohl ziemlich genervt von der Tischpanne war.

Da standen wir, tranken einen Kaffee, resümierten die letzten zwei Tage und begannen uns langsam zu verabschieden.

„Halt! Wir machen gleich noch ein Foto, ihr müsst unbedingt mit drauf.“ sprach uns Horst an. „So richtig mit Masken? Wir sind doch gar nicht wirklich Teil der Crew.“  gaben wir zu bedenken. Aber Horst winkte ab, „Na klar, kommt mit drauf!“. 

Also noch fix mit allen ab zur Bühne und ein Mal lächeln bitte. Doch dazu kam es dann doch nicht, da uns Humberto doch bat, die Masken nicht auf dem Gruppenbild zu tragen. Hooligans machen sich nicht wirklich gut auf einem Foto für die Sponsoren. Total nachvollziehbar. Recht hat er. Wir entschieden uns darum, besser nicht mit aufs Foto zu gehen. 

Da stand sie nun gesammelt vor uns. Die unglaublich sympathisch Crew des „Jamel rockt den Förster“. Wir sind unglaublich froh, dass wir für ein Wochenende Teil dieser Gemeinschaft sein durften.

Total überwältigt und geschafft drückten wir Horst und Birgit nochmal und machten uns auf den Heimweg. 

Eine ganze Weile schwiegen wir, die Eindrücke waren einfach zu stark, als dass wir jetzt locker flockig hätten sabbeln können. Wir Hools sind nämlich gar nicht so hart. 

Die Tage, die Musik, die Gespräche, der Tisch, die Gastfreundschaft, das Gruppenfoto, die Neonazis, die in dieser Nacht die Reifen von fünf Autos  zerstachen, unser Bändchen-Upgrade und das damit gesetzte Zeichen „ihr seid eine Teil von all dem hier“, alles das schoss uns kreuz und quer durch den Kopf, als wir das Schild sahen „Auf wiedersehen in Jamel“, der sprichwörtlichen Sackgasse.

Wir verlassen Jamel mit denselben gemischten Gefühlen, irgendwo zwischen „Schön hier“ und „Du bist hier nicht willkommen“. 

Nachdenklich und dankbar für diese zwei Tage und voller Hochachtung für Horst und Birgit, die nicht wie wir jetzt einfach abreisen, sondern jeden Tag hier leben. Die aus Jamel einen Ort machen, der nun ab und zu keine Sackgasse mehr ist. Die uns allen zeigen, dass wir nicht nur mutig sein sollen, sondern auch sein können. Und dass Mut Dinge verändern kann. Nicht immer gleich sofort und radikal, aber Schritt für Schritt. 

Wir wissen nicht, was aus Jamel wird, ob Horst und Birgit immer genug Kraft haben werden, für uns alle dieses Zeichen zu setzen. Aber zwei Dinge wissen wir ganz gewiss: Wir wissen, wer Monchi schonmal aufs Knie gekotzt hat, und, dass wir dieses Festival gern weiter unterstützen möchten. 

„Jamel rockt den Förster“ ist definitiv eines der wichtigsten Festivals des Landes. Eiin Festival der Vernetzung, des Wissens darum, Dinge verändern zu können und ein Festival des Mutes. An einem Ort, der viel zu schön ist, um ihn einfach so den Neonazis zu überlassen!

Darum starten wir jetzt sofort mit unserem neuen Jamel-UnterstützerInnen-Shirt und sammeln bis zum nächsten Jahr. 100% der Einnahmen gehen wie 2019 auch an das Festival.